An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

(Krebs, Entzündung, Operation, Nachsorge, Verdauung, Ernährung, Diabetes, Reha, Recht ...)

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steppenderWolf
Beiträge: 21
Registriert: 26. Januar 2017, 10:11

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von steppenderWolf »

Moin,

angeregt durch die Fragestellung hier habe ich mich mal angemeldet im Forum. Ab und an war ich hier schon zum gucken.
Ich bin heute 34 und wurde im Jahr 2007 zwei Mal operiert aufgrund massiver Oberbauchbeschwerden. Nachdem ich die zwei Wochen Prüfungsphase irgendwie überstanden hatte, wurde ich gleich im Krankenhaus dabehalten wegen massiv erhöhter Leberwerte (Billirubin über 200 anstatt um 20). Ich war gelb. Während der Prüfungsphase habe ich kaum Essen drin behalten und teils nur wenige einzelne Stunden geschlafen. Mein Arzt hatte es leider nicht drauf und ich wäre fast dran gestorben.

Im ersten Krankenhaus dann eine Woche ohne Essen nur mit Tee dahingewegetiert, es passierte nichts. Dann ins Nachbarkrankenhaus (Bad Frankenhausen, Thüringen) verlegen lassen und sofortige Not-OP. Entlastungsoperation für die Leber, die fast hinüber war. Zu Anfangs habe ich 2 Liter Gallensaft produziert. Nach rund 3 Wochen wurde dann richtig operiert, nach Whipple. Nach 2 Wochen konnte ich nach Hause mit anschließender Reha. Ca. 2/3 der BSD wurde rausgenommen, 12-Finger-Darm und Galle auch, Magen wurde gekürzt. So kennen das ja einige hier. Diabetes hat sich dann auch eingestellt.

3 Monate nach der zweiten OP (dieses Jahr 10 Jahre her) dann halbwegs wieder fit und bereit für die Uni. Im Jahr darauf an meinem ersten Triathlon (Sprint) teilgenommen. In den Jahren danach noch 5 mal je 1 Woche im KH gewesen, jedes Mal eine Entzündung im Körper, aber nie auffindbar, zuletzt letztes Jahr durch einen viralen Infekt.
In den Folgejahren dann zahlreiche Teilnahmen an Lauf-, Rad- und Triathlonveranstaltungen mit Marathon, einigen Halbmarathons, 100km Rennen und Mitteldistanztriathlon (1,9km Schwimmen, 90km Rad, 21km Lauf). Für mich stellte sich nie die Frage, ob und überhaupt. Ich habe es gemacht, es gab auch Rückschläge, mit Diabetes im Wettkmapf ist anstrengend. Aber ansonsten bin ich heute deutlich fitter (und gesünder?) als meine gleichaltrigen Bekannten und lebe auch viel bewusster. Um Rente mache ich mir keine Sorgen, wer weiß wann mal was wegen der BSD oder dem Diabetes dazwischenkommt. Also ich bin positiv eingestellt. Außerdem müssen wir sowieso ewig arbeiten. :-)

Untersuchungen wurden in den letzten Jahren stark zurückgefahren. Nur noch so alle 2 Jahre etwa ins CT, Blutuntersuchung 1 x Jahr, 2 x Ultraschall beim erfahrenen Internisten um die Ecke. Das wars. 4 x zum Diadoc und ansonsten ein vergleichbares Leben wie meine Kollegen auch. Und ich mache mir auch keinen Kopf, das muss ich schon zugeben. Die Ernährung ist angepasst, wenig Fett und wenig Fleisch, dafür nicht ganz wenig Milchprodukte und ansonsten bunt mit vernünftig Obst. Und natürlich kein Alkohol seit den OPs. Mit Rauchen habe ich zur Geburt meiner zweiten Tochter (Ende 2015) aufgehört. Mein Internist hat das sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen. Davor immer mal wieder regelmäßig unregelmäßig bis ca. 10 Kippen am Tag. (Schande auf mein Haupt).

Da wir in einer kleinen Großstadt wohnen haben wir auch kein Auto mehr, alles amchen wir mit dem Rad oder zu Fuß, so bleiben wir fit. Am Besten geht es mir, wenn ich mehrfach die Woche Sport mache. Dann ist die Verdauung noch besser und der Diabetes auch entspannter.

Über ein Ende habe ich mir nie Gedanken gemacht, es kommt wenn es Zeit ist. Von daher Kopf hoch und Blick nach vorne. Und wenn ihr auch Spaß am Sport habt / hattet, dann weitermachen!!!

Grüße der steppende Wolf
SaSem
Beiträge: 269
Registriert: 4. März 2014, 00:09

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von SaSem »

thphilipp hat geschrieben:Hallo SaSem,

bist Du eigentlich schon operiert oder ist es bisher glücklicherweise ohne gegangen? Ich meine weil das Pankreaskopf ja schon mal nur diffus darstellbar?
Ja ich bin operiert, aber nicht wie die meisten nach der Kausch-Whipplesche Operation (partielle Duodeno-Pankreatektomie). Die hatte ich abgelehnt, bei mir wurde leider nicht minimalinvasiv sondern das volle Programm, Darm auf und hierüber wurde bei mir eine Papillotomie gemacht (versteht man die Spaltung der Papilla duodeni major mitsamt des Sphinkterapparates (Sphincter oddi)). Da ich einen Prof. hatte, der über den Maßen echt Ahnung hat, wurde ich mit der Methode bereits vor 25 Jahren operiert. Dieser Prof. Bruch ist jetzt Präsident des Berufsverbands Deutscher Chirurgen. :zw:
Manchmal verstehen die Menschen deinen Weg nicht. Müssen sie auch nicht-es ist nicht ihrer.
thphilipp
Beiträge: 1444
Registriert: 2. November 2010, 07:17

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von thphilipp »

Hallo Steppender Wolf,

toller Bericht vielen Dank dafür. Auch dafür, dass Du uns allen Mut machst, aber.....

Leider konnte ich nicht richtig rauslesen, was bei Dir vor Deinen OP´s festgestellt wurde. Hattest Du eine chronische Pankreatitis?
Allende
Beiträge: 327
Registriert: 21. Dezember 2013, 18:09

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von Allende »

Hallo steppender Wolf,

auch von mir ein großes Dankeschön, das gilt natürlich den schon Bekannten auch von Herzen.

Allen alles Gute auch weiterhin!
veritas
Beiträge: 447
Registriert: 29. Juli 2016, 10:58

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von veritas »

@steppenderWolf

Hast du dann eigentlich noch ab und zu Entzündungen oder sind die seit der OP weg?
steppenderWolf
Beiträge: 21
Registriert: 26. Januar 2017, 10:11

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von steppenderWolf »

Moin,

eine richtige Ursache für meine Entzündung der Bauchspeicheldrüse gab es nie bzw. ich habe nie eine vernünftige Antwort bekommen. Bei Operation war der Bauspeicheldrüsenkopf etwa doppelt so groß wie zu erwarten gewesen. Die Gallenblase war innen verdickt, das Gewebe großflächig um den Kopf entzündet. Man nannte es trotzdem chronische Pankreatitis. Von heute auf morgen schwillt das ja nicht so an, wirklich Probleme hatte ich erst 3 Wochen vor der ersten OP.

Natürlich war ich auch übergewichtig zu der Zeit, hatte viel Stress im Studium, mit meiner Familie und meiner damaligen Freundin. Ab und an ein Geburtstag mitgenommen auch mit reichlich Alkohol. Aber eben nur wenn man sich getroffen hat und nicht bis zum Exzess. Und geraucht, auch nicht zu knapp. Geschätzt 15 Kippen am Tag, Ernährung war aus heutiger Sicht unter aller Sau.

Entzüngungen kann ich so nicht sagen. An der BSD wurde nie wirklich was gefunden, zweimal war der neu geschaffene Zugang vom Magen entzündet, bei den anderen Malen war der neue Gallengang betroffen. Immer irgendwie in Verbindung mit völlig falschem Essen + Stress oder einem Infekt (bakteriell). Aber wenn was war dann lag ich auch binnen Stunden flach und es ging nix mehr. Dann kam die Antibiotika-Keule und nach 1 Woche war ich wieder im Normalzustand.

Ich weiß nur, dass ich die wenigsten Probleme (Aussage trifft ab Jahr 4 und folgend zu) hatte, wenn der Stess überschaubar war, ich ausreichend Sport gemacht habe und meine Ernährung stabil halbwegs gesund war.

Heute drückt es wieder links unter den Rippen. Keine Bewegung am Schreibtisch und Kaffee. :-( Aber vielleicht 1,5 / 10, wenn 10 die höchste Schmerzstufe ist. Das ist so nebenbei kein Problem, gewöhnt man sich dran.
Wenn ich die Leute sehe, die wirklich harte Medikamente nehmen müssen oder Stoma-Leute (in Reha getroffen) sehe, dann geht es mir blendend!

Grüße der steppende Wolf
Julia0911
Beiträge: 11
Registriert: 4. April 2017, 15:46

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von Julia0911 »

Toller Bericht, vielen Dank dafür, sollte allen Mut machen, Daumen hoch dafür!
Padiga
Beiträge: 9
Registriert: 30. Oktober 2015, 17:02

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von Padiga »

Hallo zusammen,

Auch mir geht es inzwischen wieder so gut, das ich das Forum vollkommen vergessen habe.

2014 OP mit anschließendem einjährigen Ausfall wegen der Folgeerscheinungen. Seit Juli 2015 keine Probleme mehr. Ich bekomme meine regelmäßigen Spritzen beim Onkologen, werde regelmäßig im KKH per Ultraschall kontrolliert und muss halt mein Kreon nehmen.

Ich habe meinen Beruf wieder aufgenommen und zusätzlich noch eine Kneipe eröffnet. Bin voller Tatendrang.

Ob ich jetzt mit 2 Jahren schon ein Langzeitüberlebender bin, weiß ich nicht. Bin kurz vor der 60 und gehe davon aus, das da noch paar Jährchen dazu kommen.

LG Padiga
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Cerberus
Beiträge: 577
Registriert: 28. Juli 2016, 09:04

Re: An alle langzeitüberlebende einer chronischen Pankreatitis

Beitrag von Cerberus »

Was für Spritzen sind das denn, wenn man mal fragen darf. ;-)
Aus einem verzagten Arsch kommt nie ein fröhlicher Furz. (Martin Luther) :mrgreen:
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