heredit. Pankr. mit Kalzifik.,Zysten und Gendefekt, totaltek

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Gudrun Sandler
Beiträge: 2
Registriert: 9. März 2008, 11:16

heredit. Pankr. mit Kalzifik.,Zysten und Gendefekt, totaltek

Beitrag von Gudrun Sandler »

Erfahrungsbericht meiner heriditären Pankreatitis mit Kalzifikationen und Pseudozysten verursacht durch einen Gen defekt und vererbt an meine Tochter
mein Name ist Gudrun Sandler, bin 48 Jahre alt, seit 2001 pankreatotaltektomiert
bin verheiratet, 2 Kinder und 2 Enkelkinder

der Beginn: bewusst habe ich die Schmerzen ab meinem 3 Lebensjahr wahrgenommen. Ich hatte ständig Bauchschmerzen und erbrach das Essen und Trinken. Die Diagnose lautete verdorbener Magen – wahrscheinlich zu viel Eis gegessen oder zu kalt getrunken.
Ich hatte sehr oft Bauchschmerzen, gesagt habe ich es irgendwann nicht mehr – denn nach 2-3 Tagen war es wieder vorbei.
Ab der ersten Klasse lautete die Diagnose – das Kind hat keine Lust auf Schule, danach war es die Pubertät, dann war es der Stress mit zwei Kindern und als man 1988 endlich den Grund für die ständig wiederkehrenden Schmerzen fand, hieß es – warum waren sie denn nicht früher beim Arzt.

Der weitere Verlauf: durch die jahrelangen Koliken, war mein Pankreas sehr verkalkt, es waren Steine im Gang und im Gewebe.
Im Januar 1990 waren die Schmerzen mal wieder so groß, das ich nach Bayreuth ins Klinikum kam- ein Stein lag am Pankreasausgang - im Gang und im Gewebe waren auch noch Steine.
Der Stein am Ausgang sollte in Erlangen zertrümmert werden. Es gelang nicht, und so wurde ich im Juni 1990 das erste Mal am Pankreas operiert – eine Pankreatico Jejunostomie.
3 Jahre ging es mir ganz gut, dann ging es mit den Koliken wieder los.
Damals wurde mir richtig bewusst – du stehst ganz alleine mit dieser Krankheit da.
Bestätigt wurde mir dies bei einem Kuraufenthalt in Bad Brückenau. Bei der ärztlichen Untersuchung lautete der erste Satz: „ Frau Sandler, helfen können wie ihnen nicht. Machen sie sich 4 schöne Wochen und der zweite Satz: was halten sie von 2 Wochen Verlängerung.
In diesen 4 Wochen wurde mir mehr und mehr bewusst, ich habe einen langen Kampf vor mir und werde lange ein Einzelkämpfer sein. Ich machte auf Rat der Ärzte ein Umschulung. Die Koliken wurden aber nicht weniger sondern mehr.
1999 im Urlaub hatte ich wieder mal eine große Kolik. Im Dezember 2000 eine Woche vor HeiligAbend hatte ich eine Kolik die alle anderen sprengte. Ich wurde mit dem Hubschrauber in die Uni Klinik nach Erlangen geflogen. Nach der zigsten ERCP riet man mir wieder mal zur OP – man wollte den verkalkten Teil entfernen. Ich dachte zurück an die vielen Krankenhausaufenthalte und ERCP´s - ich konnte kräftemässig nicht mehr.
Dieses mal setzte sich ein Arzt zu mir, zeigte mir die ERCP und CT Bilder, erklärte mir alles und was ich bis dahin nicht kannte, er nahm sich Zeit für dieses Gespräch. Nach kurzer Bedenkzeit, willigte ich ein.
Am 11. Januar 2001 wurde ich operiert – es wurde eine milzerhaltende Pankreaslinksresektion durchgeführt.
Nach 2 Wochen durfte ich nach Hause. Mir ging es schnell wieder gut und konnte auch fast alles wieder essen. Im März sollte ich zur Nachuntersuchung. 3 Tage vor dem Termin teilte man mir mit, man habe im entnommenen Gewebe Zytokeratin-positive-Zellen gefunden und man wolle den restlichen Pankreas entfernen um sicher zu sein das dort keine Zellen sind. Am 7.März wurde ich nochmals operiert. Eine pyloruserhaltende Whipple-OP. Nach zwei Wochen wurde ich entlassen. Mir ging es körperlich besch.....
ich schleppte mich vom Sofa ins WC und wieder zurück, konnte fast nichts essen und hatte starke Schmerzen die man mit Morphium behandelte. Nach 3 Monaten ging es so langsam Bergauf und nach einem halben Jahr konnte ich wieder am Leben teil nehmen.
Die Erfahrung: die ich in dieser Zeit gemacht habe und jetzt noch mache – ein Kampf zwischen Arzt und Patient. Meiner jüngsten Tochter habe ich die Krankheit weiter vererbt, bei ihr ist der Krankheitsverlauf fast identisch. Dazu kurz noch eine Geschichte: als man bei mir 1988 den verkalkten Pankreas entdeckte, hatte meine Tochter ein halbes Jahr danach wieder mal Bauchschmerzen. Sie erbrach Essen und Trinken. Am zweiten Tag ging ich mit ihr zur Urlaubsvertretung meines Arztes. Ich erklärte ihm das bei mir eine chronisch kalzifizierende Pankreatitis festgestellt wurde und ich den Verdacht habe meine Tochter könnte dies auch haben.
die Antwort des Arztes war: er glaube dies nicht und das Kind hat bestimmt keine Lust auf die Schule oder zu kalt getrunken oder .....
ich fragte ob er nicht Amylase und Lipase Untersuchung könnte
er sagte: bei einem Kind nimmt er nicht so gerne Blut.
Ich sagte nur: wenn er jetzt kein Blut nimmt, gehe ich zu einem anderen Arzt und er hört von meinem Anwalt wenn etwas sein sollte.
Er: nun gut wenn ich darauf bestehe nimmt er Blut.
Gegen 13 Uhr rief mich der Arzt an und teilte mir mit das meine Tochter so hohe Werte hat und sie sofort in die Klinik muss. Die Kinderärztin teilte mir nach zwei Tagen mit das meine Tochter die Nacht daheim mit diesen hohen Werten nicht überlebt hätte.
Ich erwähnte in dieser Klinik den Ärzten gegenüber erstmals den Verdacht diese Krankheit meiner Tochter weiter vererbt zu haben. Man sagte nur, diese Krankheit kann man nicht vererben.
10 Jahre später wurde dies in Erlangen revidiert.

Nach über „40 jährigem Krieg“ zwischen den Ärzten und mir, machte ich übers Internet die Bekanntschaft mit dem AdP. Die Gespräche mit Betroffenen gab mir wieder Hoffnung. Ich hatte wieder das Gefühl verstanden zu werden.

Ich hatte es den Ärzten nicht immer leicht gemacht. Meine Blutwerte waren fast immer in Ordnung. Man sah mir die Krankheit nicht an. Ich war auch nicht der Patient der ständig jammerte. Das Jammern habe ich auch irgendwann verloren – man hat bei mir jahrelang nichts gefunden, man wird oft als Simulant hingestellt, irgendwann hört man auf zu klagen und meidet auch die Ärzte.
Dieses Alleine sein belastet einen Kranken sehr.
Das Heute: nach 7 Jahren ohne Pankreas. Bin Diabetiker, ich esse ( fast ) alles, muss 3-4 mal mehr am Tag zur Toilette als vorher, kann leider meinen Beruf nicht mehr ausüben, muss meinen Tagesablauf gut planen, bin in meiner Leistungsfähigkeit sehr eingeschränkt und fühle mich an machen Tagen wie achtzig.
Bin aber jetzt schmerzfrei, freue mich das ich noch lebe und hoffe das ich noch viele Jahre mit meiner Familie und den Enkelkindern verbringen kann. Sehe das Wasserglas nicht mehr halb leer sondern halb voll und freue mich an den Kleinigkeiten des Lebens. :D
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