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Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 20. Mai 2009, 09:55
von Gabi
Hallo!
Hätte da mal eine Frage an Euch. Wie geht ihr mit den Reaktionen von anderen Menschen auf Eure Erkrankung um?
Ich frage dies aus den Gründen das ich mir immer wieder dumme Sprüche deswegen anhören muß.
Erst gestern wieder. Habe versucht wieder einen Einstieg ins Berufsleben zu bekommen und deshalb zwei tage zur Probe gearbeitet. Und da meinte eine der Vorgesetzen gestern auf meinen bericht hin das ich am Freitag den termin in Heidelberg habe. "Ach da machen sie sich mal keine Sorgen, das mit Ihrer Bauchspeicheldrüse ist ja nur seelisch bedingt, und wenn sie erst mal wieder arbeiten dann kommen sie auf ander Gedanken und dann werden sie ruckzuck wieder gesunden" Ich dachte echt ich spinne, und später gab sie mir dann noch durch die Blume zu verstehen das ich den Aufgaben des Arbeitsalltages wohl doch nicht gewachsen wäre. Das war eine Reaktion darauf das mir wegen einer Schmerzattake und weil ich werde etwas gegessen noch getrunken hatte der Kreislauf in den Keller ging.
Auch bezüglich meiner massiven Probleme mit der Ernährung und der Tatsache das ich keinen Alkohol mehr trinke muß ich mir immer wieder solche blöden Bemerkungen wie "ach jetz stell Dich doch mal nicht so an, Du mußt einfach mal wieder was richtiges Essen und ab und zu einen trinken dann gehts Dir auch wieder besser. Und dann bekommst Du endlich mal wieder was auf die Rippen

Oder was willst Du denn, bist doch noch so jung da kann man doch nicht immer gleich so erschöpft und müde sein, nimm Dir mal ein Bespiel an uns, wir sind ja schon über 70 und stellen uns auch nicht so an.
Also es gibt Tage da komme ich mit sowas ganz gut klar, aber sehr oft tut mir die auch sehr weh.
Wäre echt für ein paar Tips von Euch dankbar.
Gabi
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 20. Mai 2009, 11:15
von Corinna B.
Moin moin Gabi, gegen die Dummheit von Menschen ist noch kein Kraut gewachsen und da wird es schwierig werden sich zu wehren. Wenn du ihnen Abhandlungen über die BSD vorlegst werden sie sie nicht lesen und das was du erzählst nehmen sie garnicht auf.
Also bleibt dir nur dir ein dickes Fell zu zulegen und versuchen den Müll den die von sich geben zu ignorieren. Alles Andere trägt nämlich nicht sonderlich zu deiner Gesundung bei !
Du kennst die Begleiterscheingen deiner Krankheit, du merkst wie du dich fühlst - und du bist absolut nicht in der Phase dich entschuldigen zu müssen. Egal ob einer 17 oder 70 ist. Irgendwann geht es dir wieder besser !
Ich musste mit dem Gegenteil umgehen, meine Kinder und Freunde hatten mehr Angst um mich als ich. So sehr ich ja die Fürsorge verstehe - sie ging und geht mir mächtig auf den Geist. Ich habe mir angewöhnt fast nicht mehr über meine Krankheit mit meinen Lieben zu reden. Das akzeptieren sie auch meistens.
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 20. Mai 2009, 16:06
von Sirkka
Ich sehe das wie Corinna. Da musst du drüber stehen. Ein Ohr rein, anderen gleich wieder raus...
lass sie reden. Du weisst was gut für dich ist und nicht die anderen. Auch wenn ein 70 jähriger zu dir sagt er ist fitter blablabla, dann sag doch einfach sei froh das er gesund ist und alles noch so kann. Du hast diese Erkrankung nunmal und das sind leider die kleinen Wehwehchen die wir haben.
Dont worry, be happy
Liebe Grüsse Sirkka
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 20. Mai 2009, 19:59
von uwe
Hallo Gabi,
Ich glaube auch das man lernen muß selber einzuschätzen was geht und was nicht geht.
Du mußt derjenige sein der die Höhe der Meßlatte bestimmt.
Dann kann man auch mit blöden Sprüchen besser umgehen.
Habe in den 7 Jahren der Erkrankung ach lernen müssen damit umzugehen...
Viele Reaktionen meiner Mitmenschen entpuppen sich beim genaueren hinsehen oft als Ängste die die Leute mit sich herumschleppen.
Ich reagiere da wahrscheinlich auch nicht immer richtig darauf..
Aber wenn man weiß warum die Leute so reagieren kann man damit besser umgehen, finde ich.
Alles gute
uwe
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 2. Juni 2009, 20:06
von Rentnertreff
Hallo Gabi,
leider müssen wir diese blödsinnigen Sprüche ertragen so lange soviel unwissenheit da draussen rum läuft. Ich kann mir bei jedem Arzt erstmal anhören, das ich ja in meinem Leben dann wohl doch des öfteren sehr tief ins Glas gekuckt hätte. Am Anfang habe ich das ganze immer noch dementiert (habe vielleicht zwei mal im Jahr ne Flasche Bier getrunken und mehr nicht) aber mittlerweile ignoriere ich sowas dann einfach oder Frage ob Alkohol bei meinen Wehwechen helfen würde. Meist kucken die Ärzte dann immer dumm aus der Wäsche....
Du darfst dich von so was nicht unter kriegen lassen. Meine näheren Bekannten und mein Arbeitgeber haben es mittlerweile begriffen und lassen mich auch diesbezüglich in Ruhe. Dieses ewige "Geht es dir gut? Kann ich dir helfen? Tut dir was weh?" kann ich nämlich nicht mehr hören.
Kopf Hoch und alles gute
Gruß
Mike

Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 4. Juni 2009, 11:32
von Ingo
Ich habe erfahren, dass viele meiner "Freunde" sich nachdem sie von meiner Krebserkrankung erfuhren von mir abgewandt haben, weil sie "damit nicht umgehen können". So'n Blödsinn !!! Ich seh' fast genau so aus wie vorher und trotzdem hat man mich gemieden, als wenn ich mit Lassafieber infiziert sei. Neulich lief mir mein "Freund" Harry im Einkaufszentrum in die Arme - Ausweichen war ihm nicht mehr möglich. Etwas verunsichert ließ er dann den Spruch los "Mensch Ingo - lebst du auch noch ???". "Jau" - war meine Antwort - "bist du jetzt etwa enttäuscht ?". Er zog 'ne lange Fresse und zog ab. Mittlerweile hab' ich mich von solchen Vögeln losgesagt und es tut mir auch nicht mehr weh, dass sie sich so verhalten. Auf solche "Freunde", die in schwierigen Situationen zu Arschlöchern mutieren kann ich gut verzichten und freu' mich schon drauf, wenn sie selbst mal am Boden robben und es ihnen dreckig geht. .....und der Tag wird kommen - Irgendwann. Dann werden sie mal sehen, wie das ist, wenn ihre "Lieben" damit nicht umgehen können und sie plötzlich allein da stehen. Als schwer Kranker stehst du immer etwas neben der von Erfolg und Konsum geprägten Gesellschaft - das ist aber nicht weiter schlimm, wenn du dich darauf eingestellt hast - das dauert zwar etwas, aber es geht.
Gruß
Ingo
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 4. Juni 2009, 20:24
von Sirkka
Diese Erfahrung mit den "Freunden" musste ich auch machen. Es tat weh, sehr weh als man fast alleine da stand! Mittlerweile sagt man sich, daran hat man erkannt wer wirklich Freund ist und wer nicht! Und das ist doch auch was gutes!

Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 4. Juni 2009, 21:38
von Nabuko
Hallo Gabi,
kenne auch die blöden Reaktionen. Ich glaube, es liegt daran, dass die meisten Leute nur akute Krankheiten kennen. Die hat man ein Weile, alle sind dann ganz lieb und besorgt, aber irgendwann, innerhalb von Tagen oder Wochen gehen sie wieder weg. Aber wehe, etwas ist chronisch, d.h. ist auch noch nach 6 Monaten oder noch länger da..
Ich denke, die Menschen brauchen immer ein Happy End und wenn es das nicht gibt oder zu lange dauert.. Ja, dann wirds schwierig..
Seid meiner Pankreas-Geschichte bin ich nicht mehr so belastbar und leistungsfähig wie früher. Am Anfang wußten die Leuten (Kollegen oder Hundesportfreunde) das noch, aber irgendwann (als es nicht mehr neu und aufregend war) haben sie es irgendwie vergessen.. D.h. alle stellen wieder die gleichen hohen Anforderungen an mich, die früher ganz selbstverständlich waren. Und ich muß immer wieder erklären, dass ich nicht mehr so kann. Das ist echt nervig und mir auch peinlich, fühle mich dann wie ein Schwächling. Ich werde dann wütend, denn ich weiß, das ich das nicht bin! Aber man kann Außenstehenden nicht so genau die Symptome und Krankheit schildern, dass sie es wirklich auf ewig verstehen.
Eine Hundetrainerin meinte letztens: "Wenn du weiterhin so schwächelst, dann kann ich dich in der Hundegruppe nicht mehr gebrauchen. Entscheide Dich endlich, ob du gesund oder krank bist!" Na toll, als ob ich diese Entscheidung bewußt treffe..
Liebe Grüße
Nabuko
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 11. Juni 2009, 01:51
von HaDi
Hallo Gabi,
wie gehe ich mit meiner Geschichte um – wie geht mein Umfeld damit um?
Ich fühle mich kerngesund, übermütig, entspannt, gelassen , frei und …….tausenderlei mehr.
Ob das objektiv gesehen so ist???
Ich kann mich nicht erinnern, jemals angemacht worden zu sein…..oder merke ich das nicht?
In Begegnungen mit all den alten Bekannten, Arbeitskollegen und, und, und bin ich derjenige, der offensiv ist und all die Vorteile seines Schicksals ungefragt rausposaunt:
- wenn ich aufstehe, ist die Schicht vorbei
- die Kiste Bier, Wasser, Sack Kartoffeln, Einkaufstasche ….. müssen andere tragen
- den Garten kann ich nicht – oder nicht immer - versorgen
- schade um jeden Feiertag der auf einen Werktag fällt –mir geht ein Vorteil verloren
- im Ausland komme ich kostenfrei mit meinen SB-Ausweis in fast jedes Museum und meist auch die Begleitung
- im Reichstag in Berlin stand ich nicht in der Schlange, vom Nebeneingang wird man mit dem Fahrstuhl hoch gefahren
im Louvre und in der Sixtinischen Kapelle ists genauso
- leider kann ich die Feiertage nicht genießen, immer frei…..
Tatsächlich habe ich nach der Whipple-OP und einem langen, langen KH-Aufenthalt lange auf der Kante gesegelt und bin dem Tod mehrfach von der Schüppe gesprungen.
Ich habe mich auch nicht immer gewehrt, den Löffel ab zu geben., aber dann habe ich meine Uhr auf Null zurückgedreht und mir vorgenommen nach vorne zu leben.
Klaro, es gelingt nicht jedem und der Leidensdruck ist nicht bei uns allen gleich.
Vielleicht vermittele ich den Eindruck, ein Bruder Leichtfuß zu sein, alles nur zu bespötteln, die Dinge nicht ernst zu nehmen und war wohl auch schon immer so, aaaaber anmachen lasse ich mich von keinem mehr –„und wie´s Darinnen aussieht, geht niemand was an“
Es gibt kein allgemeingültiges Rezept mit dummen Sprüchen umzugehen. Du musst Dir eine Melodie suchen, um durchzukommen.
Glaube mir, das Leben ist schön, lass es Dir nicht vermiesen.
Beste Grüße
HaDi
Re: Umgang mit Reaktionen von anderen?
Verfasst: 11. Juni 2009, 11:18
von Corinna B.
Lieber Hadie mit den Kreisrundenecken - dein Beitrag spricht mir aus der Seele! Wenn wir uns nicht das Leben schön machen und genießen wollen - wer dann ? Wir die sich hier alle als Betroffenen rumtummeln und die die es nicht tun, aber noch da sind, können mit Gewißheit sagen: Heute ist unsere Lebensuhr noch nicht abgelaufen! Und wenn ich dann die Menschen sehe die schon seit zig Jahren mit der Erkrankung leben .......
Eines hat mich diese Krankheit gelernt: zu akzeptieren das ich nicht immer so kann wie ich will
einen gewissen Egoismus, denn nur ich weiß was ich grade kann
dumme Sprüche zu ignorieren oder genauso dumm zu antworten.